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Schwerpunkt: Gold- und Rohstoff-Aktien

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Rohstoffpreise sind gemeinhin stark von Angebot und Nachfrage abhängig. Auf dem Weltmarkt schwankt die Nachfrage mit der Konjunktur. Die Angebotsseite ist dagegen oft weniger elastisch, wie man sagt: Das Angebot reagiert erst mit größerer zeitlicher Verzögerung. Die Aussicht auf eine schwächere Weltkonjunktur im kommenden Jahr, für viele Volkswirtschaften gar eine Rezession, müsste also zu einem Rückgang der Rohstoffpreise und der Aktienkurse in dieser Branche führen.

Tatsächlich zeigen Rohstoffpreisindizes wie der Dow Jones Commodity Index einen Rückgang, als im Sommer erkennbar wurde, dass die Weltwirtschaft vor einer deutlichen Abschwächung steht. Seit einigen Monaten stabilisiert sich das Preisniveau aber auf einem Niveau, das deutlich über den Vor-Corona-Niveaus liegt. Der Ölpreis war nach dem russischen Angriff auf die Ukraine über 120 Dollar pro Barrel gestiegen, beruhigte sich aber seit Mitte des Jahres und sank jüngst unter 90 Dollar. Der Preis für das Industriemetall Kupfer, der gemeinhin als guter Indikator für die Weltkonjunktur gilt, fiel im Juni deutlich, unterschritt aber das Mitte Juli markierte Jahrestief bei rund 7000 Dollar pro Tonne nicht mehr. Entsprechend stabilisiert zeigten sich auch die Aktienkurse der Branche: Der MSCI World Metals & Mining Index war im Sommer in einen Abwärtstrend geraten, der eine längere Schwäche erwarten ließ. In den vergangenen Wochen erholten sich die Aktienkurse aber so weit, dass ein Trendbruch wahrscheinlicher wird.

Wie die Aktienmärkte allgemein so standen auch Rohstoff-Aktien in den vergangenen Monaten im Bann der Notenbanken. Eine Verlangsamung der Zinsanhebungen dürften auch in diesem Sektor Wirkungen haben. Insbesondere die nordamerikanischen Unternehmen haben unter dem allgemeinen Marktumfeld gelitten. Rohstoffaktien böten, so verschiedene Experten, aktuell einen attraktiven Hebel gegenüber dem Direktinvestment in Rohstoffe.

Vereinzelt gab es schon Gewinner. So haben Lithium-Produzenten in Australien von der steigenden Nachfrage für die Produktion für E-Auto-Batterien profitiert. Lithium-Hersteller erachten manche Fondsmanager weiterhin als den aussichtsreichsten Sektor innerhalb der Rohstoffbranche. Während die australischen Investoren die Fundamentaldaten honoriert hätten und die Aktien auf oder nahe an ihren Allzeithochs notieren, hätten nordamerikanische Lithium-Aktien relative Schwäche gezeigt. Die Diskrepanz könne durch den größeren Erfahrungsschatz der Australier begründet werden. So seien es seit Beginn der Lithiumhausse ausschließlich australische Unternehmen gewesen, welche neu in Produktion gehen und vom positiven Marktumfeld profitieren konnten. Daraus resultiere aber jetzt Aufholpotenzial für nordamerikanische Lithium-Werte. Zumal inzwischen die Politik eingesehen habe, dass der gesamte Batteriesektor in Nordamerika eine Starthilfe benötige. Die USA beschlossen ein Hilfsprogramm für 2,8 Mrd. US-Dollar für verschiedene Unternehmen der Branche: Insgesamt werden mit dieser Starthilfe 28 neue Projekte von der Lithium-, Nickel- und Grafitproduktion bis zur Batterieherstellung und sogar dem Recycling gefördert.

Für Industriemetalle habe sich das Sentiment angesichts fallender Lagerbestände trotz Rezessionsängsten deutlich verbessert. Die Disziplin bei Produzenten halte an und könne angesichts der Erwartung verlangsamender Kosteninflation zu positiven Entwicklungen führen. Der Rohstoffsektor ist in den Augen der dort aktiven Fondsmanager aktuell zu niedrig bewertet.

Dies gilt auch für den Gold-Sektor: Fondsmanager, die auf Gold und Goldminen gesetzt haben, erhoffen sich von einem Ende der restriktiven Geldpolitik eine Trendwende beim Goldpreis, der bislang unter den steigenden Zinsen litt. Die Geschäftsergebnisse der Goldproduzenten seien weiterhin positiv, auch wenn die gestiegenen Preise für Energie, sowie gestiegene Lohnkosten auf die Produktionskosten etwas Druck machen. So seien die Förderkosten für je eine Unze Gold in den vergangenen Monaten um etwa 100 US-Dollar gestiegen. Die Margen seien aber weiterhin relativ hoch und die Bilanzen der Minengesellschaften so gesund wie seit Jahrzehnten nicht mehr.

Auch Lok Gurung, Rohstoff- und Edelmetallanalyst und Berater der Earth Resource Investment AG, erklärt: „Die Kosten je Feinunze liegen im Durchschnitt noch immer deutlich unter dem aktuellen Marktpreis von rund 1.630 US-Dollar.“ Gurung hat auf Basis der Geschäftsberichte zusammen mit seinen Kollegen analysiert, wie die Kostenstruktur bei insgesamt 14 großen Minengesellschaften im zweiten Quartal dieses Jahres ausgesehen haben. Dabei hat er sich auf die All-in-Kosten konzentriert, die nicht nur alle Kosten umfassen, die anfallen, um das laufende Geschäft aufrechtzuerhalten, sondern auch die Investitionen und Ausgaben, die für künftiges Wachstum notwendig sind. „Wir kamen zu dem Ergebnis, dass diese All-in-Kosten im Branchendurchschnitt bei 1.489 Dollar je Feinunze Gold und damit ein gutes Stück unter dem aktuellen Spot-Preis liegen“, erklärte Gurung unlängst und folgerte: „Die Goldminenbetreiber verdienen auch beim aktuellen Preis noch sehr gutes Geld.“ Einen massiven Anstieg der Kosten erwartet auch er dabei nicht. „Dagegen sprechen zum einen, dass die Lockdowns in Folge von Corona hinter uns liegen und sich die Lieferketten allmählich entspannen. Zum anderen preisen die Rohstoff- und Inputpreise sowie die Löhne inzwischen die drohende Rezession ein.“ Derzeit seien die Kosten rund ein Viertel höher als noch 2020. „Wir gehen aus den genannten Gründen eher davon aus, dass sich Kosten seitwärts entwickeln oder sogar fallen“, so Gurung. Auch die Bilanzqualität, vor allem das Verhältnis zwischen der Nettoverschuldung und dem EBITDA, also dem Gewinn vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen, liege aktuell für den gesamten Sektor bei nur 0,5. „Üblicherweise liegt diese Kennzahl, welche die Schuldenlast in Bezug auf die Erträge aufzeigt, bei dem 1,5- bis Zweifachen.“ Der hohe freie Cashflow ermögliche es zudem, Dividenden zu zahlen und Aktien zurückzukaufen. Er empfiehlt, antizyklisch damit anzufangen, Positionen bei Goldminenaktien aufzubauen.

Auch andere Experten erwarten, dass die Goldminenindustrie die Kostensteigerungen gut verkraften könne. Mit attraktiven freien Cashflows, gesunden Unternehmensbilanzen und Dividendenrenditen zwischen vier und sechs Prozent seien Goldminen ein aussichtsreiches Investment. Es dürfe auch nicht vergessen werden, dass der Goldpreis im laufenden Jahr beispielsweise in Euro zulegen konnte und es in erster Linie der starke Dollar war, der auf die Goldpreisrendite drückte. So zeigen sich viele Fondsmanager zuversichtlich, dass die bislang enttäuschenden Gold- und Goldminen-Investments im nächsten Jahre endlich höhere Gewinne bringen.

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