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Da fiel ein Stein vom Herzen…

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Mit Sorge hatten viele Finanzdienstleister den Koalitionsvertrag der Ampel-Parteien erwartet. Schließlich schwebten gleich mehrere Damoklesschwerter über ihren Köpfen. Die Bandbreite reichte von möglichen Provisionsdeckeln, über die Einführung von Provisionsverboten, einen immer wieder zeitweilig diskutierten Aufsichtswechsel der freien Vermittler (§34f GewO von den IHKs zur BaFin), bis hin zur Geburt von Staatsfonds oder anderen zentralistisch organisierten Vorsorgeprodukten, die möglicherweise im Wettbewerb zu den Offerten der privaten Anbieterlandschaft stehen könnten.

Umso entspannter dürften sie reagiert haben, als sich im veröffentlichten Koalitionsvertrag zu den meisten Punkten überhaupt nichts fand und die Zielvereinbarungen zu den verbliebenen zunächst einmal schwammig blieben. - Ganz zu schweigen von einem unerwarteten Geschenk: die wenigsten dürften wohl mit einer Anhebung des Sparerpauschbetrag gerechnet haben. Ab 2023 soll jeder Bürger jährlich Kapitalerträge in Höhe von 1.000 Euro steuerfrei vereinnahmen können, während es bisher 801 Euro waren.

Zum Mitschreiben: Es wird kein Provisionsdeckel angestrebt und auch kein Provisionsverbot. Vom Aufsichtswechsel über die unabhängigen Finanzanlagenvermittler ist an keiner Stelle die Rede. Zur Stärkung der gesetzlichen Rente und ihres langfristigen Rentenniveaus und zur Stabilisierung des Rentenbeitragssatzes sollen unter dem Stichwort der „Aktienrente“ aus Haushaltsmitteln des Jahres 2022 insgesamt 10 Mrd. Euro in einem eigentumsgeschützten, dauerhaften, global gestreuten Fonds investiert werden, der von einer unabhängigen, öffentlich-rechtlichen Stelle professionell zu verwalten ist. Zudem will man das Angebot eines öffentlich verantworteten Fonds mit einem effektiven und kostengünstigen Angebot mit Abwahlmöglichkeiten prüfen. Darüber hinaus will die Koalition die gesetzliche Anerkennung höher rentierlicher privater Anlageprodukte jenseits der Riester-Verträge prüfen, die Bestandsschutz genießen sollen. Und schließlich könnten Selbständige, die über keine angemessenen privaten Vorsorgelösungen jenseits des Grundsicherungsniveaus verfügen, zukünftig der gesetzlichen Rentenversicherungspflicht unterliegen.

An verschiedenen dieser Stellen des Koalitionsvertrages lässt sich die Handschrift der FDP erkennen. Es gibt wichtigere Probleme, die angegangen werden müssen als ein Aufsichtswechsel über die freien Berater. Was nicht heißen muss, dass diese Idee im Verlauf der Legislaturperiode nicht doch noch irgendwo wieder belebt wird. Der Einstieg in den Einstieg einer kapitalgedeckten gesetzlichen Altersvorsorge, und von mehr sollte man angesichts von 10 Mrd. Euro Erstinvestition in die Aktienrente auch noch nicht sprechen, ist ein wichtiges Signal. Die zusätzlichen 199 Euro des Sparerpauschbetrages werden gerne genommen. Und in Sachen staatliches Vorsorgeprodukt hängt die Beurteilung in Gänze von der späteren Ausgestaltung der Idee ab.

Fazit: Alles in allem, Schritte in die richtige Richtung, aber kein großer Wurf. Aber, es hätte auch schlimmer kommen können.

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