FONDS SCOUT

Mehr als ein Achtungserfolg

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Das Urteil, das die Verbraucherzentrale Baden-Württemberg vor dem Landgericht Nürnberg-Fürth, gegen die ZBI Fondsmanagement GmbH, eine Tochter der Union Investment, herbeigeführt hat, mag technisch klingen, für die Immobilienfondsbranche könnte es dessen ungeachtet weitreichende Folgen haben. Lässt es nun doch auch öffentlich und zwar gerichtlich, Zweifel an der Eignung offener Immobilienfonds als „sichere Kapitalanlage“ aufkommen, was den Vertrieb der Anlageform in der Zukunft belasten, unter Umständen sogar regelrecht auf den Kopf stellen könnte.

Das Urteil ist mehr als ein Achtungserfolg für die Verbraucherschützer. Es stärkt aktuellen Klägern den Rücken und motiviert zukünftige. Bildlich gesprochen, ist deutlich geworden wo die beratenden Institute und die Kapitalverwaltungsgesellschaften verwundbar sein könnten und angesetzt werden muss.

Darüber hinaus sind die Grenzen des Synthetischen-Risko-und-Ertrags-Indikators SRRI als alleiniger Maßstab der Risikobeurteilung unterstrichen worden. Er orientiert sich ausschließlich an der Schwankungsbreite des Nettoinventarwert eines Fonds in den vergangenen fünf Jahren (in Ermangelung einer eigenen Historie, an der vergleichbarer Anlagen) und lässt die übrigen Risiken, wie beispielsweise Liquiditätsrisiken und operationelle Risiken außer Acht.

Bleiben die Gerichte bei Ihrer Meinung und passen die Kapitalverwaltungsgesellschaften die Risikoklassifizierung ihrer offenen Immobilienfonds in Prospekten und Anlegerinformationen nach oben an (eine börsentägliche Bewertung der Immobilien dürfte nicht praktikabel erscheinen), stellt sich zudem die Frage, wer ggf. „spekulativ“ eingestufte illiquide Anlagen mit zuletzt geldmarktähnlichen Renditen vertreiben oder kaufen will. Die historisch erzielten Renditen stünden in keiner angemessenen Relation mehr zum beschriebenen Risiko und der Kapitalbindungsdauer.

Das Urteil trifft die Immobilienfondsbranche in Gänze, nicht nur die Anbieter jener Produkte, die zuletzt infolge von Neubewertungen erhebliche Kurseinbrüche aufwiesen. Denn es stellt eine grundsätzliche Arbeitssystematik in Frage. Und es kommt zur Unzeit. Schließlich schien die große Verkaufswelle bei den offenen Immobilienfonds im Zuge der Zinswende gerade gemeistert zu sein und wollte man sich endlich auf das Neugeschäft konzentrieren.


Zum Hintergrund: Das Gericht verurteilt die ZBI Fondsmanagement GmbH, wegen Verstoßes gegen das Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) und die EU-PRIIP-Verordnung, es zu unterlassen, den Fonds UniImmo Wohnen ZBI mit einer Risikostufe „2“ (sicherheitsorientiert) oder „3“ (konservativ / sicherheitsorientiert) zu kennzeichnen. (Aktenzeichen 4 HK 0 5879/24).

Das Urteil wird damit begründet, dass die erfolgte börsentägliche Bestimmung des Rücknahmepreises durch die Fondsgesellschaft nach den maßgeblichen europäischen Vorgaben für die Einordnung in eine niedrige Risikoklasse nicht ausreicht. Daher darf die Fondsgesellschaft den UniImmo Wohnen ZBI nicht mehr mit einer niedrigen oder mittelniedrigen Risikoklasse bewerben, wenn sie die kapitalrechtlich zulässige bisherige Bewertungsmethode (vierteljährliche Begutachtung) beibehält.

Das Gericht betont, dass Schadensersatzforderungen oder Haftungsansprüche gegen Dritte nicht Gegenstand des Prozesses waren (was mit Blick auf die -17% Abwertung des UniImmo Wohnen ZBI an einem einzigen Tag im vergangenen Jahr, von Bedeutung ist) und ließ auch offen, welche der sieben Stufen des „Synthetic Risk and Reward Indicator“ (SRRI) denn nun einer angemessenen Klassifizierung entsprechen würde. Die Verbraucherschützer hatten dem Vernehmen nach „6“, „wachstumsorientiert/spekulativ“ gefordert.

Die Union Investment kann den bisher noch nicht rechtskräftigen Gerichtsentscheid, wie es heißt, nicht nachvollziehen, da die Risikoeinstufung im Rahmen der Praxis vorgenommen worden sei, die von der Aufsicht akzeptiert werde. Man will die Entscheidungsgründe analysieren und im Anschluss Berufung beim Oberlandesgericht Nürnberg einlegen.

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