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„GlobAllocation“: Weltkonjunktur und Umfeld für Aktieninvestments

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Wie stark schwächt sich die Konjunktur ab? Zu den besten Frühindikatoren gehören die Einkaufsmanagerindizes, gemeinhin die für das verarbeitende Gewerbe („Manufacturing PMI“). Sie liefen in den beiden vergangenen Monaten für die großen Volkswirtschaften fast in einem Punkt zusammen: Die Zuversicht der Einkaufsmanager in den USA und in der Eurozone nahm deutlich ab und sank auf das moderat positive Niveau ihrer japanischen Kollegen.

Gleichzeitig verbesserte sich die im Caixin China Manufacturing PMI gemessene Stimmung unter japanischen Einkaufsmanagern deutlich. Sie trafen sich zuletzt nahe der 52 Punkte, so dass auch der von JP Morgan aggregierte globale Einkaufsmanagerindex mit 52,2 einen ganz ähnlich Wert annahm. Das spricht zum einen dafür, dass die Weltwirtschaft doch noch stark global vernetzt ist und sich in der Konjunkturentwicklung doch die Schere sich nicht so weit öffnet. Oder aber die Trends der beiden vergangenen Monate setzen sich fort. Dann erleben wir gerade einen Favoritenwechsel: Erwartete man 2021 noch vom Westen einen anhaltenden Konjunkturaufschwung, während China unter selbstgemachten Problemen litt, könnten sich die Aussichten für China zunächst weiter verbessern, während der Westen vor einer Rezession steht. Die Experten bezeichneten China in diesem Kontext jüngst als „die globale ‚Wild Card‘: Während der regulatorische Druck sinkt und die Zentralbanken eher lockern, ist die Dynamik der Wirtschaftsentwicklung fraglich, da sich trotz der Lockerungen aktuell noch kein klares Bild ergibt.“ Auch bei anderen Investmentgesellschaften hofft man darauf, dass China wieder eine Lokomotivfunktion für die Weltwirtschaft übernehmen kann, ist sich dessen aber noch nicht sicher.

Das Szenario einer deutlich schwächeren Weltkonjunktur im Laufe erst im Laufe des Juni als erheblich wahrscheinlicher eingeschätzt; das zeigen andere Indikatoren als die Einkaufsmanager-Befragungen, vor allem „Doctor Copper“: Der Kupferpreis verlies im Juni das hohe Niveau, das er schon Anfang 2021 erreicht hatte. Seitdem hatte die Bandbreite des Kupferpreises zwischen knapp 9.000 und gut 10.500 US-Dollar pro Tonne gelegen. Der im Juni einsetzende Abwärtstrend führte den Kupferpreis bis Mitte Juli auf rund 7.000 Dollar zurück. Der intakte Abwärtstrend lässt noch keine Bodenbildung erkennen. Auch die Entwicklung der Fracht- und Charterraten zeigt eine Abkühlung der Weltwirtschaft, wenngleich die Preisrückgänge aufgrund der bestehenden Kapazitätsprobleme noch begrenzt ausfallen.

Gegenüber dem Vormonat ergibt sich auf unserer „Weltkonjunkturampel“ aber sogar eine kleiner Verbesserung von vier auf fünf mal „grün“ bzw. von drei auf nur zwei mal „rot“. Umgesprungen ist die Indikation für China. Zwar spricht der Caxian China Manufacturing PMI mit 51,7 nicht so eindeutig für einen Aufschwung, aber das in diesen Fällen von uns betrachtete 3-Monats-Momentum ist positiv. Im Basisszenario gehen wir weiterhin von einem realem Wachstum der Weltwirtschaft 2022 in der Bandbreite von 2,5 bis 3,5 Prozent aus – mit besseren Chancen, am oder etwas über dem oberen Rand zu landen als unter dem unterem Rand dieser Bandbreite.

Nominal fällt das Wachstum deutlich höher aus, aber der größere Teil davon entfällt auf Preissteigerungen. Der Höhepunkt der globalen Inflation dürfte wahrscheinlich im 2. Halbjahr 2022 erreicht sein, möglicherweise schon im 3. Quartal. Zur Bekämpfung der hohen Inflation dürfte die US-Notenbank ihre Fed Fund Rate bis zum Jahresende von aktuell 1,50 bis 1,75 Prozent auf 3,0 bis 3,25 Prozent anheben. Seriöse Schätzungen liegen in einer Bandbreite von plus/minus 50 Basispunkten darum. Die Europäische Zentralbank (EZB) glaubte zu lange an „vorübergehende Effekte“. Sie dürfte „hinter der Kurve“ bleiben und ihre Einlagefazilität bis zum Jahresende nur auf 1,0 Prozent anheben (auch hier mit einer Prognosebandbreite von plus/minus einem halben Prozentpunkt).

Die Zinsvor- und -nachteile dürften richtungsweisend für die Devisenmärkte bleiben. Es wäre deshalb nicht überraschend, wenn der US-Dollar weiter aufwerten könnte, da die Fed entschlossener gegen die Inflation vorgeht als die EZB. Die Experten von Fidelity weisen darauf hin, dass in Europa das Pfund unter Druck kommen könnte, wenn die britische Notenbank angesichts der Rezessionsgefahr die Zinsen weniger stark anhebt als geplant. Die Perspektiven von Währungen aus Schwellenländern seien uneinheitlich; tendenziell dürften sie unter der relativen Stärke des Dollars leiden.

Von aggressiven Wetten auf eine weitere Dollar-Aufwertung sei aber abgeraten. Die Prognose von Währungskursen bleibt schwierig. Dass der US-Dollar die Parität zum Euro erreicht hat, dürfte zumindest das Aufwärtsmomentum des Dollars jenseits dieser Marke abschwächen. Es ist nicht auszuschließen, dass in der Nähe der Parität auch ein Wendepunkt liegt.

Auch an den Anleihemärkten ist damit zu rechnen, dass sich die Trends aus dem ersten Halbjahr im zweiten Halbjahr so nicht fortsetzen werden. „Das Schlimmste dürfte vorbei sein.“, könnte man die Prognosen der meisten Investmentexperten zu den Rentenmärkten zusammenfassen. Meist wird auf das höhere Renditepotential von Unternehmensanleihen gegenüber Staatsanleihen (aus entwickelten Ländern) hingewiesen. Schwerpunkt der Empfehlungen sind weiterhin Anleihen mit Investment Grade-Ratings. Angesichts der zu erwartenden Abwärtsrevisionen bei vielen Unternehmen sind die Risiken im „High Yield“-Sektor nicht zu unterschätzen. „Bei hochverzinsten Corporate Bonds ist ein Anstieg der noch niedrigen Zahlungsausfälle nicht unwahrscheinlich, und die Spreads könnten sich dort merklich ausweiten.“, schreibt beispielsweise Fidelity.

Die meisten Aktienindizes befinden sich weiterhin in übergeordneten („sekundären“) Abwärtstrends. Im Juni sind viele auf neue 52-Wochen-Tiefs gefallen. Die zuvor starken Rohstoff-Aktien leiden unter Konjunktursorgen bzw. den dadurch fallenden Rohstoffpreisen. Relative Stärke zeigen weiterhin asiatische Aktienmärkte, darunter Japan. Zum Auftakt des zweiten Halbjahres waren technische Gegenbewegungen zu beobachten. Weil sich diese noch auf untergeordneter Ebene abspielen, sind sie noch kein Signal für eine tragfähige Trendwende an den Aktienmärkten. Auch mit Blick auf die vorherrschenden Trends sollte zurückhaltend, allenfalls selektiv investiert werden. Trotz des eigentlich üblichen Zweckoptimismus äußern sich auch die meisten Investmentgesellschaften vorsichtig. So heißt es bei Fidelity beispielsweise: „Die Börsen der Vereinigten Staaten stellen sich infolge der Zinserhöhungen und einer skeptischeren Stimmung der Verbraucher aufgrund der drohenden Rezession inzwischen weniger attraktiv dar. Besondere Vorsicht ist gegenüber den Märkten im Euroraum geboten, wo weitere Störungen der Gasversorgung drohen.“

Mit Blick auf das Sentiment, das sich auch in solchen Einschätzungen manifestiert, vor allem aber mit Blick auf Stimmungs-Indikatoren, ist aber ein konstruktiven, antizyklisches Verhalten machbar: Antizyklisch bieten sich weiterhin die Branchen Finanzen und Telekom für einen langfristigen Positionsaufbau an. Die Trendindikation für die Biotechnologie-Branche hat sich zuletzt verbessert. Geografisch gilt dies für Japan. Entsprechende Fondspositionen können in diesem Sinne prozyklisch verstärkt werden. Technologie-Aktien sind dagegen noch nicht in der ganzen Breite des Marktes kaufenswert, sondern nur selektiv.

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