Was sie, die sie zu Hunderttausenden erst seit einigen Jahren oder gar Monaten in Aktien (-fonds) anlegen, da gerade erleben und vermutlich noch vor sich haben, ist nichts für schwache Nerven und hat das Zeug, sich über einen routinemäßigen Stresstest hinaus zur regelrechten Reifeprüfung zu entwickeln. Wie heißt es doch so schön, „Nervosität ist eine Leidenschaft, die sich nicht jeder leisten kann oder mag“.
Die eigentliche Herausforderung könnte dabei möglicherweise sogar weniger darin bestehen, den bisherigen Rückschlag und seine etwaige Fortsetzung ertragen zu müssen, als vielmehr in der Geduldsprobe, die Kompensation der zwischenzeitlich entstandenen Verluste wesentlich länger als zuletzt gewohnt zu erwarten.
Ist die sich abzeichnende Zinswende tatsächlich so scharf und nachhaltig wie angekündigt, könnten aus den kurzfristigen Favoritenwechseln der letzten Jahre auch mal langfristige werden und die V-förmigen Erholungen zu echten Baisse-Phasen mutieren, wenn die Notenbanken ihre Rolle als Freund und Helfer, um nicht zu sagen, als Schutzpatron der Aktionäre aufgeben.
Jetzt muss sich erweisen, wer Börse tatsächlich verstanden hat, sein Vermögen mit Zeit, Geduld, breit diversifiziert in gestaffelten Käufen investierte und wer lediglich vom Nullzins getrieben der Gier folgte, zockte und jetzt wieder die sprichwörtliche Flinte ins Korn wirft. Diese Reifeprüfung ist dazu geeignet, die „Investoren“ von den „Spekulanten“ zu trennen und im Anschluss Zeugnis davon abzulegen, ob sich die viel beschworene Aktienkultur tatsächlich weiterentwickelt hat.
