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Spekulationsblasen voraus? Die einen sagen so, die anderen so!

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Zumindest, wenn man den Worten Warren Buffets Geschäftspartner Charlie Munger glaubt, kommen die Blasen immer näher. So warnte er unlängst vor überhitzten Märkten und lies sich mit den Worten zitieren: „Ich halte die- se Ära für noch verrückter als die Zeit vor der geplatzten Dotcom-Blase“. Einer der Gründe der Beunruhigung ist in Mungers Augen eine infolge der erhöhten Inflation schon bald gestraffte Geldpolitik der Notenbanken, die die Liquidität der Investoren bedroht. Überbewertungen sieht er unter anderem im US-Aktienmarkt, Blasenbildungen vor allem aber bei Kryptowährungen.

Im Morning Briefing vom 30.November sekundiert auch Gabor Steingart: „Die neue Tulpe heißt Tesla“. Unter dem Satz „ein Wahnsinn kommt selten allein - und an der Börse schon gar nicht“, rechnet die Redaktion vor, dass Tesla zu diesem Zeitpunkt doppelt so viel Wert an den Börsen aufweist, wie Volkswagen, Daimler, General Motors und Ford zusammen. Mit dem Unterschied, dass die genannten Firmen 2020 einen Vorsteuergewinn (EBIT) von 40 Mrd. Euro erwirtschafteten, wohingegen Tesla lediglich auf 1,9 Mrd. US-Dollar kam, wovon wiederum 84% auf den Handel mit CO2 Zertifikaten zurückzuführen sind.

Erinnerungen werden wach, beispielsweise an Mark Holowesko, den damaligen Manager des Templeton Growth Fund, der seinen Anteilinhabern unter der Überschrift „der Anti-Nasdaq-Fund“ kurz vor der Jahrtausendwende die in seinen Augen völlig unangebrachten Bewertungen von Titeln wie „Cisco-Systems“ oder auch „Sun Microsystems“ vorrechnete und das Platzen einer Blase avisierte. Seine Prognose damals: 90% der Technologietitel werden 90% ihres Wertes verlieren. - Der Rest ist Geschichte.

Da traf es sich doch gut, dass wir uns bei Drescher & Cie, von langer Hand vorbereitet, unlängst im Rahmen unseres „Petersberger Treffen 2021“ mit dem Thema „Spekulationsblasen erkennen und vermeiden“ auseinandergesetzt und die Kapitalmärkte auf Blasenbildungen hin untersucht haben. Unsere 20 Gesprächspartner im Rahmen der Konferenz, Kapitalmarktstrategen und Fondsmanager, konnten der Sorge vieler Marktteilnehmer vor Spekulationsblasen mit Blick auf die lockere Geldpolitik der Notenbanken in den letzten Jahren gedanklich folgen, sahen indes mehrheitlich aktuell wenig konkrete Verdachtsfälle solcher Entwicklungen. - Allenfalls in speziellen Sektoren des Tech-Aktien-Universums inklusive des einen oder anderen neuen Neuen-Energie-Titels und bei Kryptowährungen. Auf der Seite der Anleihen sieht man ebenfalls eine extrem angespannte Situation, unterstellt den Notenbanken indes einen sensiblen Umgang mit möglichen Risiken, die einer strafferen Geld- und Zinspolitik erwachsen könnten.

Statements, die durchaus zu den Ergebnissen der zuvor erhobenen TED-Umfrage unter den mehr als 1000 Zuhörern, allesamt professionelle Investoren, Asset Manager und Berater passte. Danach befragt, welche Assetklassen in ihren Augen im Verdacht ständen, Spekulationsblasen zu bilden, antworteten (mit der Möglichkeit mehrfacher Nennungen):

Aktien 20%
Anleihen 30%
Rohstoffe 15%
Immobilien 66%
Kryptowährungen. 74%
Alternative Kapitalanlagen Kunst, Oldtimer, Uhren 26%

Man war sich in den Fachdiskussionen mehrheitlich einig, dass Spekulationsblasen Marktsituationen beschreiben, in denen die Preise eines oder mehrer Güter oder Vermögensgegenstände bei hohen Umsätzen deutlich über ihren inneren Werten liegen. Gewinnt die Allgemeinheit Kenntnis von eben dieser Fehlbewertung, platzt die Blase und wird der Preis korrigiert. Die Existenz von Blasenbildungen an den Kapitalmärkten steht dabei durchaus im Widerspruch zur Markteffizienzhypothese, die unterstellt, dass den Marktteilnehmern bereits alle Informationen bekannt und mithin auch eingepreist sind.

So einfach die Theorie ist, so schwierig erweist sich in der Praxis nach Ansicht der Experten aber die Beurteilung einzelner Fälle: Schließlich bestehen unterschiedliche Auffassungen vom intrinsischen Wert einzelner Unternehmen, von der Größe der Blase und vom Timing einer möglichen Ernüchterung seitens der Investoren. Wohl wissend, dass von bestimmten Innovationen eine große Faszination ausgeht und dass die Prozyklik passiver Investmentlösungen (ETF) Blasenbildungen partiell begünstigt. Und schließlich ist nicht jede Korrektur auch gleich eine geplatzte Blase.

Was uns zum Fazit führt: Nicht alles was nach einer Spekulationsblase aussieht oder sich so anfühlt, ist auch eine. Und der sicherste Weg Spekulationsblasen zu erkennen und zu vermeiden, besteht in breit gestreuten und unter dem Einsatz gesunden Menschenverstands aktiv gemanagten Portfolios. Wer sich am Timing von Blasen als Investor versucht, wovon abzuraten ist, sollte nicht nur als Trittbrettfahrer, sondern gerade auch auf der Gegenpositionierung als Short-Seller auf alles gefasst sein.

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