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Gesunde Beimischung

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Die Entwicklung der Weltkonjunktur bleibt hinter den Erwartungen zurück, die noch zum Jahresauftakt vorherrschten. Während den USA vielleicht ein „soft landing“ gelingen kann, enttäuschen vor allem China und Europa, hier insbesondere die größte europäische Volkswirtschaft Deutschland.

Aktieninvestoren agieren vorsichtig: Eine konjunkturelle Schwäche dürfte zu Abwärtsrevisionen bei vielen Unternehmen führen, Umsatzerlöse und letztendlich Gewinne dürften kleiner ausfallen als erhofft. Dementsprechend stehen Aktien unter Druck, die als „zyklisch“ gelten, als konjunkturempfindlich. Die Bevorzugung von Aktien aus der Hochtechnologie ist vor diesem Hintergrund auch verständlich: Wo kann man in einer wachstumsschwachen Weltwirtschaft noch Wachstum erwarten? Die Begeisterung für das Wachstumsthema „Künstliche Intelligenz“ (KI) erklärt sich auch darüber ein Stück weit.

Aus einem anderen Sektor haben sich dagegen viele Investoren zurückgezogen, obwohl auch er weitgehend konjunkturunabhängig ist: Gegenüber dem Jahresbeginn steht der MSCI Healthcare Index fast unverändert (+0,7 Prozent bis zum 9. September). Im gleichen Zeitraum ist der MSCI All Countries World um 14,7 Prozent gestiegen, der entsprechende Index für Technologie-Aktien sogar um 36 Prozent!

Die Aufmerksamkeit, auch der Investoren, die die Corona-Pandemie auf den Gesundheitssektor gelenkt hatte, hat inzwischen stark nachgelassen. Dies gilt auch für viele Fondsmanager, die „spannendere“ Storys aus anderen Sektoren erzählen. Beim Boom-Thema „Künstliche Intelligenz“ taucht dann aber doch der ein oder andere Wert aus dem Gesundheitssektor auf, denn KI hält gerade in dieser Branche, insbesondere in der Medikamentenforschung und der diagnostischen Medizintechnik, rasch Einzug. Tatsächlich ist „digital health“ ein Wachstumsthema. Gemeint ist nicht die Virenfreiheit unserer Computer, sondern der Einsatz digitaler Systeme bei verschiedensten Anwendungen in der Humanmedizin.

Ein durchaus rationaler Einflussfaktor, der die Underperformance des Healthcare-Sektors teilweise erklären kann, ist der Zinsanstieg. Kapital gibt es nicht mehr umsonst. Und Zeit ist wieder Geld, nämlich Zins. Wer also noch keine freien Cashflows erwirtschaftet, gar auf Fremdkapital oder frische Eigenkapitalspritzen angewiesen ist, erleidet durch den höheren (Diskontierungs-) Zins ceteris paribus eine Wertminderung. Dies trifft im Healthcare-Sektor naturgemäß vor allem forschende Biotech-Unternehmen. Reichte Investoren in der Nullzinsphase schon eine Renditeaussicht von vier oder fünf Prozent, um die Unwägbarkeiten von Biotech-Investments einzugehen, so sind die Kurse inzwischen so weit gefallen, dass die gleichen Gewinnschätzungen Renditen von über sieben Prozent bedeuten.

Ein starkes Indiz für den gestiegenen Zins als wichtigen Belastungsfaktor liefert auch die Beobachtung, dass „Big Pharma“ nicht so gelitten hat wie die Biotech-Aktien. Das ist aber nur ein schwacher Trost, denn obwohl das erwartete Gewinnwachstum dieser Branche über dem Durchschnitt aller Branchen (MSCI Welt) liegt, zeigen entsprechende Branchenindizes eine Underperformance. Ein früher üblicher Bewertungsaufschlag für die geringere Konjunkturabhängigkeit ist inzwischen verschwunden. So liegt das KGV des MSCI Healthcare Index mit 17 gleichauf mit dem des MSCI Welt. Folgerichtig rechnen die Befürworter von Healthcare-Investments unter den Fondsmanagern vor, dass das Verhältnis von Gewinnbewertung zu Gewinnwachstum (das sogenannte PEG-Ratio: PE / Growth) inzwischen klar für Gesundheits-Aktien spricht. Dr. Cyrill Zimmermann, Head Healthcare Funds & Mandates bei Bellevue Asset Management, verwies unlängst für den MSCI Welt auf ein eher teures PEG-Ratio von 2,6, während der Healthcare-Sektor auf vergleichsweise attraktive 1,9 kommt. Für Biotech-Aktien bezifferte der Experte das PEG-Ratio sogar auf nur 1,1 Prozent.

An Aufgaben mangelt es weder den forschenden Biotech-Unternehmen noch den großen Pharma-Konzernen. Die allenthalben bekannten Argumente der steigenden Lebenserwartung, die in Industrie und Entwicklungsländern mit einem Anstieg von Healthcare-Leistungen verbunden sind, sind heute nicht falsch, nur weil sie schon vor Jahrzehnten galten. Inzwischen ist der starke Anstieg der Diabeteserkrankungen eine wachsende Herausforderung. Gleichzeitig muss der Kampf gegen den Krebs intensiviert werden. Und als dritte große Herausforderung wird die Zunahme neurogenerativer, also demenzieller Erkrankungen als Folge der zunehmenden Alterung genannt.

Fazit: Der Healthcare-Sektor einschließlich Biotech bietet sich mittlerweile als preiswertes, antizyklisches Branchen-Investment an: eine gesunde Beimischung.

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